Sonntag, 1. Mai 2011

Mai-Liedchen





Komm, Dorinde, laß uns eilen,
nimm der Zeiten Güt in acht!
Angesehen, daß  Verweilen
selten großen Nutz gebracht,
aber weißlich fortgesetzt,
hat so manches Paar ergetzt.

Wir sind in den Frühlingsjahren,
las uns die Gelegenheit
vorn ergreifen bei den Haaren,
sehn auf diese Maienzeit,
da sich Himmel, See und Land
knüpfen in ein Heiratband.

Wenn sich due Natur verjünget,
liegt in Liebe krank und wund,
alles sich zu nehmen zwinget,
tut sie frei dem Menschen kund:
Daß sich Er, die kleine Welt,
billig nach der großen hält.

Still zu sein von Feld und Büschen,
von dem leichten Heer der Luft,
da sich jedes will vermischen,
jedes seinesgleichen ruft,
hört man in den Wäldern nicht,
wie sich Baum und Baum bespricht?

An den Birken, an den Linden
und den Eichen nimmt man wahr,
wie sich Äst in Äste binden,
alles machet offenbar
durch das Rauschen, so es übt,
daß es sei, wie wir, verliebt.

Lust betrübt, die man verscheubet.
Dieser Eifer, dieser Brand,
diese Jugend, so uns treibet,
hat nicht ewig den Bestand,
zeigt sich wind- und vogelleicht,
ist geflügelt, kömmt und weicht.

Simon Dach (1605-1659)



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